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Viele sein!?

Ein schwieriges Thema!
Hat es was mit mir zu tun? Ja, Nein - natürlich, natürlich nicht! Vielleicht?
So könnte es endlos weitergehen und das geht es auch oft im Alltag.

In Texten über und von Menschen mit einer DIS (früher MPS) hört man oft, dass sie von sich sagen "Ich bin viele". Auch von Menschen mit der Diagnose DDNOS lese ich es im Internet öfter, wobei da auch immer wieder Zweifel auftauchen, na ja, die tauchen auch bei DIS - Leuten öfter auf... das bringt mich also grad gar nicht weiter ... Allgemein kann ich da also gar nichts zu sagen. Es ist so Unterschiedlich, wie genau es bei DIS / DDNOS gelebt aussieht, das ich nicht so wirklich klar sagen kann, so ist es bei DIS und so bei DDNOS.

Aber was hat "Viele sein" mit mir zu tun? Wie ist es bei mir?
Das finde ich auch noch heraus, aber daran möchte ich euch ein bisschen teilhaben lassen.

Ich habe ja schon auf der DDNOS - Seite angedeutet, dass ich schon früher immer wieder Phasen hatte, wo ich überlegte, ob ich was mit DIS zu tun habe. Doch nach dem was ich erfuhr (über Bücher) hatte ich zwar immer das Gefühl, das hat mit mir zu tun, aber "SO" ist es nicht bei mir. So kam ich immer wieder zu dem Schluss, das ich keine DIS habe (und haben wollen wollte ich es eh nie). Aber anscheinend ließ es mich nicht los. Leider kann ich nicht richtig nachvollziehen, warum ich immer wieder dachte, das es "mehr" in mir gab und die Tagebücher genauer lesen schaffe ich grad noch nicht. Eine Situation erinnere ich, da habe ich sehr genau erlebt, das es mindestens 2 weitere in mir gab, das war 1992 - mich hat das so erschrocken, das ich damals die Beziehung beendet habe und seit dem mich nie mehr verliebt habe.

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Aber es gibt noch mehr was mich überhaupt in diese Richtung brachte. In den Büchern damals ("Ich bin viele" und "Aufschrei") fand ich mich eher wieder, als in den Büchern über sexuellen Missbrauch. Vor kurzem habe ich "Aufschrei" noch einmal gelesen, weil ich schauen wollte, was mich da so angesprochen hat damals. Die Geschichte ist heftig und ich habe bestimmt nicht Gewalt in der Art erfahren und ich bin eben auch nicht Multipel - trotzdem haben mich viele Beschreibungen über die Selbstwahrnehmung der einzelnen Selbstanteile von Trudi Chase an mich erinnert und vieles war mir vertraut und ich konnte es verstehen.
Soweit ich erinnere habe ich in den letzten beiden Therapien angedeutet das ich manchmal glaube was mit DIS zu tun zu haben. Beim ersten mal konnte die Therapeutin sich das auch vorstellen, aber dann verglich sie die Schriftbilder von dem was ich ihr geschrieben hatte und sagte ich wäre nicht Multipel, weil ich das b immer ähnlich mache. Ich nahm es hin und wir machten normal weiter.
Bei der 2. kam die Bemerkung, das wenn das stimmt sie nicht mit mir weitermachen kann, weil sie dafür die Kapazitäten nicht hat. Also sprach ich nie mehr darüber (soweit ich weiß).

Im Frühling 2004 ging ich dann in die Klinik, auf eine Traumastation. Diese Station arbeitet nach dem Konzept (PITT = Psychodynamische imaginative Traumatherapie) der Frau Luise Reddemann aus Bielefeld. Hier mache ich eine Intervalltherapie, im Einzelnen werde ich dazu noch einen Text mit der Überschrift "stationäre Therapien" schreiben.

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Hier wurde ich genommen wie ich bin. Ich weiß ja selber nicht wie ich bin, aber ich fühlte mich ganz angenommen. Konnte das natürlich nicht glauben (und Anteile von mir glauben es bis heute nicht) und war echt verwirrt. Wenn ich das alles einigermaßen richtig erinnere, dann hat meine Therapeutin relativ schnell angefangen nach Innen zu reden. Z.B. fragte sie was und ich antwortete und dann fragte sie ob es in mir noch andere Meinungen dazu gab. Das hat mich immer völlig irritiert. Einerseits hat es bewirkt, das plötzlich Innere Anteile "wacher" wurden und "sich gesehen gefühlt haben" - andererseits war Angst da und Empörung - wie konnte sie das wissen, das soll sie doch gar nicht wissen?! Außerdem hatte ich dann immer Angst das sie denken könnte ich wäre Multipel und ich weiß, dass ich das auch oft sagte, dass ich es nicht bin. Es war und ist eine Merkwürdige Erfahrung. Aber so konnte ich die zum Teil sehr widersprüchlichen Meinungen in mir mitteilen, oder anfangen mitzuteilen. Ob ich wollte oder nicht, Innen wurde es Lebendiger. Viel deutlicher nahm ich einige Anteile wahr. Sie reagierten auf die Therapeutin, manche mochten sie ganz schnell (mehr die Jüngeren). Und ich saß da und war einerseits erleichtert und andererseits verwirrt. Auch als Gefahr wird sie wahrgenommen.

Nach dem Ersten Aufenthalt in der Klinik war es noch nicht so deutlich. Ich nahm wohl "Seiten" in mir wahr und das verwirrte mich auch - aber ich konnte alles noch ganz gut wegpacken - oder ließen mich die "Seiten" noch mehr in Ruhe - oder sie zeigten sich anders? Weiß ich nicht. Da ich noch keine ambulante Therapie hatte, konnte ich der Therapeutin in der Klinik mailen. Ich denke da haben schon andere mitgeschrieben.

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Als ich das 2. mal hinkam (2005), war es sehr schnell alles viel deutlicher. Ich sah die Therapeutin und in mir freute sich ein Kind total (es hüpfte und sang auf einer Wiese in mir) - wow, das hat mich erschrocken und war mir echt peinlich! Schließlich war ich (oder eine Jugendliche in mir?) cool und wollte nicht abhängig werden und überhaupt ... solche Gefühle waren und sind "mir" peinlich.

In einer anderen Situation war die Therapeutin krank für 2 Tage glaub ich. Ein Gesprächstermin fiel aus, außerdem war nicht klar wie lange sie weg ist. Klar, das so was vorkommen kann, war zwar blöd, aber ok, war ja nicht zu ändern. Irgendwann entwickelte sich Trotz. Es wurde beschlossen, das, wenn sie wiederkommt, wir sie ignorieren und nicht zeigen, das wir überhaupt bemerkt haben, dass sie weg war. +grins+ Naja, es war echt ernst gemeint und als sie morgens da lang kam, saß ich draußen und sie kam auf mich zu - ich wollte ja cool sein - aber es strahlte sie ein Kind an, die Freude sie wiederzusehen war stärker als alles andere. Ich merkte es und konnte es nicht fassen, andere "Seiten" waren sauer auf das Mädchen und auch ein lächeln war da, denn es war auch schön zu sehen wie sich das Kind freut. Selbst jetzt beim schreiben löst es noch unterschiedliche Reaktionen aus.

Wenn es zu Hause auch nicht so deutlich war, während und zwischen der Gespräche in der Klinik waren die Anteile deutlich da. Ich hatte viel häufiger Kopfschmerzen, was - wie ich merkte - meist ist, wenn in mir zuviel los ist oder/und die Themen schwierig waren. Es wurde relativ viel geschrieben im Therapietagebuch und die Therapeutin las alles.

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Es wurden Themen aufgeschrieben, die ich nie alleine geschrieben hätte, öfters war es mir echt peinlich was da stand. Was auch kam, die Therapeutin ging Achtsam damit um. Sie akzeptierte alles und ging mit allem annehmend um. Selbst "Seiten" die ich nicht - oder noch nicht - annehmen kann nahm sie an und betonte, das sie auch ne wichtige Aufgabe haben. Verwirrend alles! Für die jungen Anteile (aber nicht nur für sie) geschah dann noch was ganz wertvolles, was auch mit nach Hause genommen werden konnte. Für mich peinlich und so weiter, aber das konnte ich nicht stoppen und will es vielleicht auch nicht.

So wie die Therapeutin mit allem umging, hat es für mich so was wie Vorbildfunktion. Es gelingt mir nicht annähernd mit allem so tolerant und annehmend umzugehen, aber es ist ein Ziel. Ich zweifle und bin verwirrt. Und wieder zu Hause ist auch alles wieder stiller in mir (meistens) und ich schwanke zwischen glauben, wissen und abstreiten. Ich überlege weiter und mache mir oft viele Gedanken. Frage mich oft, ob ich mir was einrede und genau so oft erlebe ich was ist und weiß ich bilde es mir nicht ein. Ich kann hier gar nicht alle Facetten, die es gibt, aufschreiben. Aber es werden hier ja zukünftig noch mehr Texte zu finden sein und da werde ich noch viel Raum haben verschiedenes auf zu schreiben.

Viele sein!?

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