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am Ball bleiben

... gar nicht so einfach.
Diese immer wiederkehrenden Zweifel und Fragen, die mich selber schon nerven und kein Stück weiter bringen. Schon mehrmals habe ich die Innis so deutlich erlebt, dass ich eigentlich keine Zweifel haben dürfte. Dennoch suche ich wie unter Zwang nach anderen Erklärungen, will hören das alles nicht stimmt. Gleichzeitig versuche ich "am Ball zu bleiben", ist es manchmal ganz Selbstverständlich das ich mit den Innis spreche oder sie erlebe, das ich ein "wir" benutze... Ich will einen besseren Kontakt erreichen, ich will sie kennenlernen. Ich möchte verstehen lernen. Aber ich mache halbherzige versuche, fühle mich immer wieder blockiert und reduziere mein Leben so stark, das es dann ziemlich still Innen ist. So ist dann jetzt auch für mich klar, welchen Zweck diese Art zu Leben hat. Sie reduziert den Kontakt mit Innen. Je weniger Außenreize, desto weniger Innenreize. Was jedoch nicht ganz stimmt, denn Lebe ich zu lange sehr reduziert, dann kommen Destruktive näher und stellen (mit Recht) das Leben in Frage. So zu Leben ist ja auch Mist. Naja, es verändert sich ja was. Aber sooo langsam...

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Aber selbst wenn ich nicht Zweifel, was im Übrigen immer seltener wird, ist das Leben ziemlich anstrengend. Nicht nur in dem was der Alltag mit einer dissozitiven Störung mit sich bringt, sondern auch immer wieder durch das was einem noch an zusätzlichem Stress zugemutet wird. Dabei denke ich z.B. an das Opferfeindliche Verfahren, wenn man einen Antrag nach dem OEG (Opferentschädigungsgesetz) stellt. Hier scheint es nur darum zu gehen, Opfer abzuschrecken um Geld zu sparen. Menschen mit einer dissoziativen Störung haben es auch hier wieder schwerer, weil die Folgen dieser Störung benutzt werden sie nicht als Opfer anzuerkennen. Teils kann das Verfahren retraumatisierend sein. Zudem zieht es sich (bei uns und vielen anderen) über Jahre hin mit Widersprüchen und Klagen. Es bedeutet "kämpfen" müssen, um das zu bekommen worauf man eigentlich ein Recht hat - das Verfahren hat wirklich nichts mit Opferhilfe zu tun - jedenfalls erleben wir das so.

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Dann brauchen wir Hilfe im Alltag in Form von Wiedereingliederungshilfe. Je deutlicher das mit dem "Viele sein" geworden ist, desto deutlicher wird auch was an diesem Hilfeverfahren schwierig ist. Es beginnt mit den sogenannten Hilfeplangesprächen die für uns super schwierig sind. Dort sitzt dann jemnad vom Sozialpsychiatrischen Dienst (SpD), eine Sachbearbeiterin vom Sozialamt, die gesetzliche Betreuerin, jemand von der Lebenshilfe und wir. Das Gespäch wird in der Regel hauptsächlich von dem Herrn vom SpD geführt. Hier sollen Inhalt der Hilfe, Stundenumfang und Kostenübernahme entschieden werden. Ich muss über persönliche Dinge sprechen, wss in den ersten Treffen dieser Art noch recht gut ging, da ich einfach funktionierte und nicht viel von mir mitbekam - aber im Laufe der Jahre wird es immer schwerer, da ich mehr von Innen mitbekomme, mehr weiß und sich die Inhalte der Hilfe auch verändern und erst herausgefunden muss was Hilfe bedeutet. Im letzten Treffen war es sehr schwer und ich konnte gar nicht wirklich was sagen, weil ich damit beschäftigt war, eine Innere Jugendliche davon abzuhalten, dem Menschen vom SpD das zu sagen was sie sagen wollte. So konnte ich mich auch nicht dagegen wehren, was dann Inhaltlich festgelegt wurde, was dann wiederrum Auswirkungen auf die praktische Hilfe hatte, da die "Assistentinnen" (wie sie hier genannt werden) einen Auftrag hatten und der aber nicht von uns mitgetragen werden konnte. Dieses führte zu extrem großem Stress und Frust. Das spitzte sich so zu, das wir entscheiden mussten die 6 Stunden in der Woche auf 2 zu reduzieren, da wir nicht wußten, wie wir sonst mit dem Druck klarkommen können. Ich bin nicht sicher, ob die Stundenzahl ausreicht, aber mehr geht auch nicht.
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Ich denke, das Hauptproblem ist hier, dass weder die im Hilfeplangespräch anwesenden, noch die Assistentinnen sich mit Dissozitiven Störungen auskennen und ich selber erst nach und nach verstehe was das heißt und so auch für vieles einfach noch keine Worte habe. So ist die richtige Hilfe ein mühsames erkämpfen und häufig noch keine wirkliche Hilfe. Dennoch merken wir seitens der Lebenshilfe (und den Assistentinnen) ein deutliches bemühen uns gerecht zu werden! Wir hoffen auf Fortbildungen in diesem Bereich und persönliches Interesse.
Naja, aber es ist eben alles zusätzlich anstrengend.

Wir machen Therapie. Eine ambulante und eine stationäre Intervalltherapie. Zum Glück haben wir inzwischen in diesem Bereich kompetente Hilfe gefunden! Es hat aber fast 20 Jahre gedauert. Ein langer Weg der hinter uns liegt und ein langer der vor uns liegt.
Dazu kommen finanzielle Probleme, da wir nicht Arbeiten können und berentet sind. Diese machen uns das Leben auch schwer und eine Lösung ist in naher Zukunft nicht in Sicht.

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Die Traumafolgen beeinträchtigen unser Leben enorm und in jedem Bereich. Wir haben uns das nicht ausgesucht. Aber wir werden "am Ball bleiben" und hoffen das wir jetzt auf gutem Wege sind und wir eines Tages gut Leben können und bis dahin die nötige kompetente Hilfe erhalten.

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© 2005 · anja, www.frauen-leben.de · E-Mailemail senden